Liebe Community!
Angeregt von der Diskussion um Vorschläge für einen TpF-Nachfolger spuken in meinem Kopf seit einigen Monaten Ideen für ein Spiel herum, das sich einmal völlig von Schönbau und Modelleisenbahn lossagt und das Konzept Transportsimulation noch mal neu denkt. Das bewusst keinen grafischen Anspruch stellt, sondern sich auf komplexe, realitätsnahe und dennoch spannende Features & Herausforderungen in Sachen Wirtschaft und Logistik konzentriert.
Und ich werde den Gedanken nicht los, dass so etwas vielleicht sogar als Community-Projekt machbar wäre.
Falls es schon ein Spiel mit ähnlichem Konzept geben sollte - klärt mich bitte auf!
Man stelle sich eine Spieloberfläche in Form einer rasterlosen 2D-Landkarte vor, mit modernem, hübschem UI. Detaillierter und genauer als MiniMetro, hübscher als Google Maps. Das Land, die Gebäude und die Transportmittel werden bewusst nicht realistisch dargestellt, sondern in Form von Symbolen.
Im Wesentlichen geht wieder darum, ein erfolgreiches Transportunternehmen aufzubauen, über Ticketerlöse Geld zu verdienen und sich gegenüber dem Individualverkehr, evtl. auch gegnerische (KI-)Spieler zu behaupten. Allerdings nicht so eindimensional, dass man Cims einfach irgendwo anders hinbringt, sondern indem man damit bestimmte Bedürfnisse erfüllt, u.a. indem es in Großstädten mehr Arbeitsplätze und Einkaufsmöglichkeiten gibt und Städter dafür gelegentlich zu Ausflugszielen raus fahren wollen. Und dass es auch besondere bis einzigartige Ziele gibt, z.B. Krankenhäuser nur in den größten Städten oder spezielle Sehenswürdigkeiten, zu denen jeder Cim irgendwann mal hin möchte.
Cims haben unterschiedliche Präferenz-Profile, die sich zusammensetzen aus folgenden Attributen:
- Preiswert (im Verhältnis zur günstigsten Verbindung inkl. Individualverkehr)
- Schnell (im Verhältnis zur schnellsten Verbindung inkl. Individualverkehr)
- Komfortabel (Austattung der Fahrzeuge, möglichst wenige Umstiege)
- Zuverlässig (keine Störungen(?) und dass man überhaupt einen Platz bekommt, also nicht zu viele andere Passagiere warten)
- Erlebnisreich (z.B. historische/brandneue Fahrzeuge, Ausblick (Strecke), Panoramawägen ...)
- Sicher (geringe Unfallwahrscheinlichkeit, geringe Verletzungs-/Lebensgefahr)
Mögliche Attributwerte sind 0 (unwichtig), 1 (mäßig wichtig), 2 (wichtig), 3 (extrem wichtig)
Pro Cim werden die gleiche Anzahl an Präferenzpunkte auf die Attribute verteilt.
Gefördert wird der Spieler gelegentlich durch optionale Aufträge bzw. Ausschreibungen, die mit Belohnungen locken. Beispielsweise möchte eine Gemeinde angebunden oder eine ländliche Region soll erschlossen werden – im freien Spiel und zufällig generiert.
Beim Gleisbau könnte es verschiedene Spurweiten mit jeweils unterschiedlichen minimalen Kurvenradien und zulässigen Höchstgeschwindigkeiten geben.
Den Gleisbau stell ich mir ähnlich wie in TpF vor, aber in 2D-Draufsicht und deshalb wohl auch ohne Steigungen. Dabei fände ich es interessant, Kurven (gleich welchem Radius) teurer sein zu lassen als gerade Gleisabschnitte. Historische Bahnstrecken bestehen jedenfalls selten aus einer Aneinanderreihung weiter, langer Kurven, sondern üblicherweise aus Geraden und relativ engen Kurven. So ergäbe sich ein wirtschaftlicher Anreiz, im 19. Jhd. Bahnstrecken nicht schon so zu bauen, dass man sie später einfach in Hochgeschwindigkeitsstrecken umwandeln kann.
Planungsmodus: Man baut nicht einfach drauf los, sondern legt sich beliebig viele Pläne an. Dabei kann man auch erst mal nur den benötigten Grund erwerben, um die Strecke irgendwann später zu errichten. In manchen (bebauten/geschützten) Gebieten muss man möglicherweise auf eine Genehmigung warten. Der Bau einer Bahnstrecke dauert auch noch eine gewisse Zeit.
Außerdem können Gleissegmente Bahnstrecken zugeordnet werden, entweder von vornherein oder nachträglich. Das erleichtert später Umbaumaßnahmen wie Elektrifizierung, Sanierung oder Umrüstung auf Hochgeschwindigkeitsgleise, indem man diese einfach auf die gesamte Bahnstrecke anwendet.
Bei solchen Umbaumaßnahmen (auch dem Einbau neuer Weichen) kann man die betroffenen Streckenabschnitte entweder sperren (dann relativ schneller Umbau) oder den Umbau im laufenden Betrieb durchführen, was viel länger dauert.
Für jede Bahnstrecke kann eingestellt werden, ob nichts bis viel in den Unterhalt investiert wird, je nachdem wird über kurz oder lang eine Komplettsanierung erforderlich, sonst wird die Höchstgeschwindigkeit herabgesetzt und/oder Störungen treten auf. Plant man jedoch eine Einstellung oder Neubau der Strecke, spart man sich wohl lieber den Unterhalt.
Noch im Planungsmodus kann man die voraussichtlichen Fahrzeiten mit bestimmten Fahrzeugen ermitteln. Das hilft einem dabei, Ausweich- oder Überholstellen einzuplanen oder abzuwägen, ob sich z.B. ein abkürzender Tunnel lohnt.
Die Linien können optional mit Fahrplänen ausgestattet werden. Ich denke dabei an relative Fahrpläne, also ohne Uhrzeiten/Rushhour/etc., sondern bloß aneinander ausgerichtet. D.h. man kann im Linienfenster bei jeder Station einstellen, ob eine bestimmte Zeit gehalten werden oder eine bestimmte Zeit nach Ankunft bzw. Abfahrt eines Fahrzeugs einer bestimmten Linie (einschl. der selbigen, in bestimmte Richtung) losgefahren werden soll.
So können z.B. langsame Regionalzüge oder Güterzüge nach schnelleren Zügen abfahren (oder sich von letzteren überholen lassen), Stichlinien können auf die Ankunft der Hauptverkehrslinien warten und auch eingleisige Bahnstrecken können in sich abgestimmt werden (nicht nur für eine Linie).
Wirtschaftliche Relevanz: An Stationen stehende Fahrzeuge verursachen geringere Betriebskosten, attraktive Umstiegsmöglichkeiten schaffen schnellere Gesamtverbindungen und Gleise sind teuer (Bau+Unterhalt), sodass sich sparsamer Gleisbau lohnt.
Rangieren würde ich weglassen, da es ins Mikromanagement abdriftet, aber per Fahrplan einstellbar machen, ob ein Zug die Fahrtrichtung wechseln soll oder nicht. Umsetzmanöver würde ich dabei einfacherweise durch eine gewisse Umsetzdauer ersetzen, d.h. Züge springen nicht einfach im Nullkommanix um, sondern brauchen dafür einige Zeit. Dadurch gibt einen Anreiz Steuerwagen/Triebwagen zu verwenden oder Wendeschleifen/Wendegleise zu errichten.
Zugteilungen/Flügelungen, um umsteigefreie Verbindungen zu ermöglichen stell ich mir interessant vor und wären in relative Fahrplansysteme integrierbar.
Als normale Spielgeschwindigkeit (Wie schnell bewegen sich die Fahrzeuge auf der Karte?) würde ich mir keine 1:1-Geschwindigkeit vorstellen, sondern mind. 16-facher "Vorlauf", sodass der relative Fahrplan innerhalb einer übersichtlichen Zeitspanne komplett durchlaufen wird. Darauf sollte das Spiel ausgelegt sein und stabil laufen. Nebenbei laufen Monate/Jahre kontinuierlich voran, ungefähr in ähnlichem Tempo wie in TpF. Die Jahreszahl ist wichtig, u.a. da im Laufe der Geschichte neue Technologien freigeschaltet werden.
Nun der vielleicht unkonventionellste Gedanke: Es gibt keine realen, historischen Fahrzeuge, sondern man kann sich Fahrzeug-Eigenschaften selber bei Fahrzeugherstellern zusammenstellen und so maßgeschneiderte Modelle mit bestimmten Eigenschaften bestellen. Wobei man natürlich nicht alles auf einmal haben kann - leistungsfähigere Lokomotiven werden länger und schwerer und die Höchstgeschwindigkeit sinkt eventuell. Bei Waggons/Triebwagen ermöglicht mehr Platz höheren Komfort, hat aber auch mehr Länge und Gewicht zur Folge.
Mittels Forschung lassen sich die Möglichkeiten im Fahrzeugbau erweitern, z.B. die einzelnen Antriebsarten (Dampf, Diesel, Gleichstrom, Wechselstrom, Akkumulator ....) lassen sich stufenweise verbessern, außerdem lassen sich neue einbaubare Fahrzeug-Features erforschen wie Schlepptender für mehr Reichweite (größerer Abstand zwischen Stationshalten möglich), Waggon-Federung die den Komfort erhöht, später dann Elektroantrieb, Steuerwagen-Kompatiblität, Triebwagen, Niederflureinstieg und so weiter und so fort. Auch die Gleise könnten sich stufenweise verbessern lassen (Achslast, Höchstgeschwindigkeit, Sanierungsbedarf …) und zwar für jede Spurweite einzeln – sodass man zwar theoretisch vielleicht zwischen 10 Spurweiten wählen kann, man sich aber auf 2-3 festlegen sollte, die man dann verbessert.
Die Fahrzeug-Symbole stellen also keine bestimmten realen Fahrzeuge dar, sondern sind modulare Grafiken, die sich je nach Fahrzeugtyp, Länge, Ausstattung und Zeitalter zusammenfügen.
Neben der Möglichkeit ganze Fahrzeugreihen als Neuentwicklung in Auftrag zu geben (wobei sich bei Großaufträgen geringere Stückpreise ergeben) gibt es jedoch auch einen Fahrzeugmarkt, an dem sich zufällig vorgegebene Modelle zu geringen Stückpreisen einzeln kaufen lassen, jedoch eben nicht zugeschnitten. Neben neuen Exemplaren könnte es auch einen Gebrauchtmarkt zum An- und Verkauf von Fahrzeugen geben.
Im Endeffekt wäre das doch realistischer, als real-historische Modelle zu verwenden, denn in der Geschichte der Eisenbahn (und anderer Transportmittel) wurden zahlreiche Fahrzeuge gezielt für bestimmte Strecken/Zwecke entwickelt und bestellt.
Bei der Anordnung der Städte und Industrien würde ich mich endgültig von Klassikern wie TransportTycoon lossagen. Stattdessen sollten Industrien an passenden Orten liegen: Bergwerke an Berghängen, verarbeitende Industrie eher in bewohnten Gebieten. Städte wollen nicht einfach nur mit irgendwelchen Gütern versorgt werden, sondern mit Waren vielfältiger Hersteller und Herkünften.
Außerdem ein fließender Übergang zwischen unbewohntem Land über Dörfer bis hin zu Großstädten mit Vororten. Also dass sich auch mal irgendwo einzelne Häuser ansiedeln, z.B. ein Geschäft an einer viel befahrenen Kreuzung von Landstraßen oder einige Wohnhäuser als Arbeitersiedlung in der Nähe einer Industrie. Und dass Industrien auch als Arbeitsplätze genutzt werden.
Das würde mehr Abwägung vom Spieler fordern: Ab wann lohnt sich die Eisenbahn? Was kann mit dem Bus auf dem Weg irgendwie "mitnehmen"?
Ich zweifle daran, ob es überhaupt Gelände als dritte Dimension geben sollte. Ohne 3D-Grafik ist es schließlich schwer vermittelbar. Ich würde dazu tendieren, Berge lediglich als Hindernisse anzusehen, um die man entweder herum oder per Tunnel hindurch bauen kann. Bzw. es gäbe einen Faktor "Gelände-Schwierigkeit", der fließend von völligem Flachland bis hin zu spitzen Berggipfeln übergeht. Je schwieriger das Gelände, desto höher sind die Baukosten und desto mehr Leistung (ohne Tunnel) müssen die Fahrzeuge aufbringen - und jede Spurweite hat ihre maximale Geländeschwierigkeit.
Im Gebirge kann man eine Bahnstrecke entweder durch die Täler schlängeln lassen, wo das Gelände relativ einfach ist und dabei Umwege und geringe Kurvenradien in Kauf nehmen, oder per kleinere oder größere Tunnel abkürzen.
Alternativ könnte man allein für den Planungsmodus eventuell eine 3D-Ansicht einbauen, mit völlig rudimentärer Grafik, die keinerlei Fahrzeuge oder Personen darstellt, sondern lediglich das Gelände, grobe Gebäudeumrisse und die Fahrwege (Gleise/Straßen) inklusive deren Lichtraumprofil darstellt. So ließe sich vielleicht Gelände doch noch vollwertig als dritte Dimension in ein solches Spiel integrieren.
Konkurrenz könnte durch Individualverkehr, Taxis und Buslinien von anderen Verkehrsunternehmen ausgehen. Eine Bahnstrecken-bauende KI würde ich mich eher nervig vorstellen. Taxis und KI-Buslinien könnten sich aber auch z.B. an eigenen Bahnhöfen ausbilden, an denen man selbst keine entsprechenden Anschlüsse bereitstellt und die Anbindung der umliegenden Ziele übernehmen. So würden sich dann unfreiwillige "Kooperationen" ergeben.
Und schließlich könnte es einen Multiplayermodus geben, in dem man sich auch gegenseitig die Konzessionen für bestehende Strecken wegschnappen kann, indem man sich bei der Ausschreibung mit einem großzügigeren / besser durchplanten Verkehrsangebot bewirbt (im Planungsmodus erstellt) - dabei muss man aber aufpassen, dass man nicht zu großzügig wird und ins Minus rutscht. Und es stellt sich die Frage, ob man miteinander kooperiert und gute Umsteigeverbindungen schafft oder sich absichtlich gegenseitig boykottiert.
Ok, wahrscheinlich sind das schon viel zu viele Features für ein einziges Spiel und letztendlich geht es auch um den Spielspaß und damit die Übersichtlichkeit. Aber mit den Aufträgen, Belohnungen und Multiplayermodus stell ich mir darunter ein nicht nur wirtschaftssimaltorisch reizvolles, sondern auch unterhaltsames und lebhaftes Spiel vor. Das in der momentanen WiSim-Spielelandschaft wirklich fehlt und mMn einen Platz verdient hätte!